„Die Europäer brauchen eine gemeinsame Strategie“

Elmar Theveßen, Leiter des ZDF-Studios in Washington, hält Vortrag in der Bürgerhalle Coesfeld

20.06.2022

Coesfeld. Der arg demolierte Scheinwerfer, den Elmar Theveßen in die Kamera hält, ist ein Zeugnis einer Zäsur in der amerikanischen Politik. „Der Scheinwerfer war Teil unserer Ausrüstung“, berichtet der für das ZDF tätige USA-Korrespondent den Mitgliedern der Vertreterversammlung der VR-Bank Westmünsterland per Videoschalte am Montagabend in der Bürgerhalle. Die Rede ist vom 6. Januar 2021, als ein von Ex-Präsident Donald Trump aufgestachelter Mob das Kapitol gestürmt hat.

Die VR-Bank-Vertreter hängen dem gebürtigen Rheinländer bei seinem Vortrag an den Lippen. Theveßen, der während seines Wehrdienstes für 18 Monate in der Coesfelder Kaserne stationiert war, gibt einen Überblick über seine Arbeit als Leiter des ZDF-Studios in Washington und einen tiefen Einblick in die amerikanische Denkweise. „Den USA liegt sehr daran, die Geschlossenheit gegenüber autoritären Systemen zu erhalten“, erläutert Theveßen. Allerdings sähen die USA in China „die viel größere Bedrohung für die Demokratie“. Umso wichtiger sei es, sich „aus der Abhängigkeit von China zu befreien“ – vor allem im Hinblick auf Rohstoffe wie Seltene Erden oder Lithium.

Elmar Theveßen Gastreferent auf Vertreterversammlung der VR-Bank Westmünsterland
VR-Bank-Vorstandsvorsitzender Dr. Carsten Düerkop begrüßt Gastreferent Elmar Theveßen in seinem Washingtoner Studio.

Theveßen berichtet, dass 5600 deutsche Unternehmen zurzeit in den USA tätig seien – bestes Beispiel: das Biontech-Pfizer-Gemeinschaftsprojekt. Hier fragt ein Zuhörer kritisch, ob Deutschland sich damit nicht auch in die Abhängigkeit

der USA begebe, falls ein Donald Trump noch mal wieder an die Macht kommen sollte. Theveßen sieht durchaus die Gefahr, dass Trump dann Deutschland erpressen könnte, doch in erster Linie soll Deutschland „von diesen Technologien profitieren“.

Auch die Frage, was die Bürger in der heutigen Zeit in den Nachrichten „für richtig halten dürfen“ und wie man dies erkennt, beantwortet der Viersener Journalist. „Nur indem wir so transparent wie möglich machen, woher wir unsere Informationen haben.“

Mit Blick auf den Krieg, den Russland in der Ukraine führt, glaubt Theveßen nicht an ein Ende in diesem Jahr. Dennoch: Aus Geheimdienstkreisen habe man erfahren, „dass eine Schwächung (Putins) möglich sei in den nächsten Wochen“.

Ob gegen Wladimir Putin oder gegen aufkeimende rechte Tendenzen, die einem Donald Trump als Präsident eine zweite Chance einräumen wollen – „Deutschland täte gut daran, das, was mit Zeitenwende umschrieben ist, zu festigen“, rät der 55-Jährige. Und: „Die Europäer brauchen eine gemeinsame Strategie“, zieht Theveßen ein Fazit.

Quelle: AZ, Florian Schütte