Dülmen. Fachkräftemangel, Lieferengpässe und Energie-Krise – die Gegenwart im Handwerk ist ernüchternd. Vielleicht blickte die Kreishandwerkerschaft beim diesjährigen Handwerkerforum lieber in die Zukunft. „Leben und Arbeiten in der Zukunft – Geschäftsmodelle für morgen“ hieß das Motto in den Handwerks-Bildungsstätten in Dülmen. Wie sehr die Zukunft von unseren Erwartungen abweiche, zeige schon die Gegenwart, betonte VR-Bank-Vorstand Matthias Entrup. „Vieles im Jahr 2022 hätte ich nicht für möglich gehalten.“ Die Unsicherheit wachse und „die ökonomischen Folgen der Krisen werden für uns alle spürbar“, so Entrup. Doch wie geht es weiter? Diese Frage sollte der Gastredner und Zukunftsforscher Michael Carl beantworten.
„Die 20er-Jahre werden das Jahrzehnt der Krisen“, hatte dieser zunächst wenig Erbauliches zu verkünden. Gerade deshalb müsse man sich aktiv mit der Zukunft auseinandersetzen. „Wir müssen über die Zukunft sprechen“, so Carl. Die Vorstellung davon sei meist zu stark von der Gegenwart und Kontinuität geprägt. Die disruptiven Technologien wie die Erfindung des iPhones etwa würden dagegen oft unterschätzt. So hätten Vertreter der deutschen Autoindustrie über den ersten Tesla gelacht. „Heute lacht keiner mehr“, so der Gastredner. „Wir sind geübt darin, Dinge besser zu machen.“ Was dabei auf der Strecke bleibe: Sie vollkommen neu zu denken.
Manche seiner Prognosen klingen wie Science Fiction. So werde es 2030 Lebensmittel geben, die individuell auf den genetischen Code des Konsumenten abgestimmt seien. „Damit heben wir die Grenze zwischen Nahrung und Medizin auf.“ Andernorts werde bereits an Organen aus dem 3D-Drucker oder der Übertragung von Hirn-Daten auf einen Computer gearbeitet. Mit Datenverarbeitung in Echtzeit würden auch adaptive Produkte möglich. „Das heißt: Sie werden nie wieder ein Standard-Produkt verkaufen, das ist vorbei.“ Genauso überholt seien Begriffe wie das „Internet der Dinge“. Denn online sei der Normalzustand, sonst sei das Gerät kaputt. Digitale Assistenten würden unseren Alltag managen, von der Mobilität bis zur Urlaubsplanung. Unternehmen, die sich dem verweigerten, seien dann praktisch unsichtbar.