Eigentum kaufen: Experte zeigt, was der Traum vom Eigenheim kostet

HALTERN. Steigende Zinssätze und Baukosten und eine begehrte Lage: Ein Eigenheim in Haltern zu finanzieren, ist nicht so einfach. Ein Experte erklärt, wie es klappen kann.

Eine Studie von Immowelt zeigt, dass in fast jeder zweiten Großstadt Normalverdienende Probleme haben, sich eine Wohnung zu kaufen. Meistens ist ein Nettoeinkommen von mehr als 5000 Euro im Monat nötig, um den Kauf zu finanzieren.
„Die Preise für Wohnungseigentum legten landesweit erneut mit 13 Prozent zu“, heißt es auf der Seite der Landesregierung Nordrhein-Westfalen zum Grundstücksmarktbericht zum Jahr 2021.

Grundstückswerte steigen
Der Gutachterausschuss für Grundstückswerte im Kreis Recklinghausen erstellt den Grundstücksmarktbericht für die Region. Diese Grundstückswerte für 2021 lassen Rückschlüsse
auf die Kosten für Eigentum in Haltern zu. „Hier ist das bestimmt nochmal eine besondere Situation. Wir haben eine höhere Nachfrage als in umliegenden Regionen“, erklärt Henning Henke, Vorstand der Volksbank Südmünsterland-Mitte in Haltern.
Bis Anfang 2022 war die Nachfrage in  Haltern sehr hoch, momentan ist sie leicht zurückgegangen. „Für die Region ist aber kein  deutlicher Einbruch zu erwarten“, meint Henke.
Der Grundstücksmarktwert gibt den Preis an, der 2021 im Durchschnitt auch wirklich gezahlt wurde. Für eine 20 Jahre alte 90-Quadratmeter-Wohnung wurden in Haltern circa 220.000 Euro bezahlt. Wer das Geld nicht schon auf seinem Konto liegen hat, muss auf eine Finanzierung  zurückgreifen.

Finanzierung ist immer individuell
Der Baufinanzierungsberater der Volksbank in Haltern, Lukas Schulte-Lünzum, erklärt, wie eine idealtypische Finanzierung aussehen könnte. Dabei stellt er klar: „Pauschale Aussagen kann man nicht treffen. Es hängt immer von der jeweiligen Einzelsituation ab.“ Ganz ohne Rücklagen ist eine
Finanzierung schwierig. „Man sollte mindestens etwa zehn Prozent Eigenkapital mitbringen“, erklärt er. „Grundsätzlich gilt: je mehr, desto besser.“
Wenn das Einkommen nicht besonders hoch ist, ist eine Finanzierung sonst häufig problematisch. Bei einem Kauf müssen neben dem Kaufpreis auch noch Nebenkosten eingerechnet werden, sodass die Gesamtkosten der 90 Quadratmeter großen Wohnung auf circa 250.000 Euro steigen.
Wenn man mit circa 2.000 Euro Lebenshaltungskosten rechnet, so muss ein Haushaltsnettoeinkommen von circa 3.000 Euro und zusätzlichem Eigenkapital vorhanden sein. „Wir richten immer die Perspektive nach vorne“, erklärt Henning Henke. Dabei gehe es darum, einen langfristigen Blick auf die Zukunft der Kundinnen und Kunden zu werfen. Häufig kommt da die zusätzliche Absicherung einer 30-jährigen Zinsbindung ins Spiel.
Eine günstigere 10-jährige Zinsbindung scheint auf den ersten Blick verlockend, doch vergessen viele, dass nach den zehn Jahren häufig erst zwischen 20 und 30 Prozent der Finanzierungssumme abbezahlt sind. Der restliche Betrag muss dann zu dem derzeit vorhandenen
Zins abbezahlt werden, der momentan wieder steigt. „Wir bewegen uns gerade nur leicht über dem Durchschnittszins-Niveau seit 2000“, erklärt Henke. Gestiegen seien zudem die Baukosten, die einerseits höhere Finanzierungssummen bedeuten und andererseits auch höhere monatliche Belastungen.

In Haltern sind Häuser begehrt
Für Familien sind 90 Quadratmeter oft nicht ausreichend. Ein 20 Jahre altes Einfamilienhaus mit 150 Quadratmetern Wohnfläche auf einem 450 Quadratmeter großen Grundstück, kostete 2021 in Haltern ungefähr 525.000 Euro. „Bei einem Haus ist das Risiko ganz anders“, so Schulte-Lünzum. In der Beispiel-Finanzierung könnte die Summe mit einer Rate von circa 2400 Euro abbezahlt werden. Ein Gesamteinkommen muss damit auf knapp 4900 Euro steigen.

Zwei Einkommen sind notwendig
Früher konnte die Rate häufig durch eine arbeitende Person im Haushalt aufgefangen werden. „Heute müssen beide verdienen, sonst wird es schwer, die monatliche Belastung zu tragen“,  beschreibt Henke die Situation. Wenn kein ausreichendes Einkommen vorhanden ist, gibt es jedoch auch Alternativen, um eine Finanzierung zu ermöglichen.
Besonders eine höhere Summe an Eigenkapital beeinflusst die Situation. So kann es auch helfen, wenn etwas Geld von der Familie zur Verfügung gestellt wird. Die Nebenkosten zum Beispiel durch Eigenleistung bei der Renovierung zu senken, sei in einem gewissen Rahmen auch denkbar.
Sich Wohneigentum zu  kaufen, sei für viele eine Traum-Wunscherfüllung. „Das macht man häufig nur einmal im Leben“, meint Henning Henke. Da sei vor allem die langfristige und  vorausschauende Beratung der Grundstein für eine zukunftsorientierte Finanzierung. Damit ist gemeint, dass neben dem  Renteneintrittsalter auch Faktoren wie die Restnutzungsdauer einer Immobilie bei der Aufstellung von Finanzierungsmodellen eine Rolle spielen. Wenn zum Beispiel mehrere tausend Euro für ein in die Jahre gekommenes Haus abbezahlt werden müssen, können unter Umständen nötige Modernisierungen nicht bezahlt werden.

Erst Angebot oder das Haus?
Ausgehend von der Bedarfssituation der Kundinnen und Kunden können so Modelle erstellt werden, die die gesamte Laufzeit umfassen. „Grundtenor ist eigentlich, ob der Kredit auch im Rentenalter noch tragbar ist“, erklärt Schulte-Lünzum die Faktoren, die bedacht werden müssen.
Grundsätzlich sei es jedoch egal, ob die Kundinnen und Kunden erst bei Interesse an einem konkreten Haus einen Termin bei der Bank machen oder davor. „Es macht aber Sinn, sich vorher einmal anzuschauen, was man sich leisten kann“, erklärt Schulte-Lünzum.
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Die beiden aufgeführten Finanzierungsmodelle stellen keine realen Konditionen dar. Sie sind lediglich Beispiele, die die Marktsituation in Haltern illustrieren sollen.

Lukas Schulte-Lünzum arbeitet seit sechs Jahren in der Baufinanzierung der Volksbank Haltern.

Foto Schlobohm

Foto: Schlobohm

Viele Menschen wollen in Haltern wohnen. Die starke Nachfrage wird vorraussichtlich nicht einbrechen.

Foto: Wolter, Ruhrnachrichten Haltern